Spaziergang / Kultur

Montparnasse, auf den Spuren der Künstler der Années Folles

Auf den Spuren des Montparnasse der „Montparnos“.

Der Schriftsteller Léon Paul Fargue sprach vom Montparnasse der Années Folles wie von einem „Schwarzmarkt der Ideen“. Tatsächlich hatten sich hier zu Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche Künstler der Avantgarde niedergelassen, um kreativ zu sein. Man nannte sie die „Montparnos“. Unter ihnen: Picasso, Giacometti, Man Ray oder Modigliani. Dieser Spaziergang nimmt Sie mit auf ihre Spuren, von ihren Ateliers über ihre Lieblingsplätze bis zu ihren Gräbern auf dem Friedhof von Montparnasse. Folgen Sie dem Führer!

1 / Das Musée Zadkine

© B Fougeirol ADAGP Musée Zadkine

Dieser Spaziergang, der sich dem Montparnasse der Künstler widmet, kann nur mit einer Besichtigung der Atelierwohnung von Ossip Zadkine beginnen, dem Großmeister der kubistischen Bildhauerei und emblematischer Figur der Ecole de Paris.

Dieses hübsche Haus, nur wenige Schritte vom Jardin du Luxembourg entfernt, war von 1928 bis 1967 40 Jahre lang Lebensmittelpunkt und Ort der Kreation von Zadkine und seiner Frau, der Malerin Valentine Prax. Nach ihrem Tod vermachten die beiden Künstler sämtliche Güter der Stadt Paris, die sie so liebten. Dank dieses Nachlasses leben die Skulpturen des Künstlers noch immer im Atelier-Museum und seinem Garten.

Zögern Sie nicht, dieses Museum zu besuchen, das außerhalb der Wechselausstellungen kostenlos ist.

Hätten Sie‘s gewusst? Der Garten, in dem die Blumen nachgepflanzt wurden, die Zadkine so liebte (Hagedorn, Alpenveilchen, Hortensien etc.) ist von Statuen bevölkert, für die der Künstler selbst noch den Standort bestimmte.

Musée Zadkine - 100, rue d’Assas, Paris 6. Arr.
Täglich außer Montag von 10:00-18:00 Uhr

2 / Closerie des Lilas

© Studio TTG

Die Closerie des Lilas ist in Montparnasse das, was das Café de Flore in Saint-Germain ist: der Lieblingstreffpunkt von Künstlern der damaligen Zeit. Und es gab es viele, die den wunderschönen Mosaikboden dieser legendären Brasserie betraten!

Unter anderem seien genannt André Breton, Paul Éluard, Louis Aragon, Jean-Paul Sartre, Guillaume Apollinaire, André Gide, Oscar Wilde, Samuel Beckett - und natürlich die Maler Picasso, Modigliani und Cézanne.

Hätten Sie‘s gewusst? Auf der Terrasse der Closerie des Lilas gab Francis Scott Fitzgerald sein Manuskript von „The Great Gatsby“ Ernest Hemingway zu lesen. Es war auch hier, wo ein Streit zwischen den Schriftstellern André Breton und Tristan Tzara dem Dadaismus ein Ende bereitet haben und der Surrealismus entstanden sein soll.

La Closerie des Lilas - 171 boulevard du Montparnasse, Paris 6. Arr.

3 / Die rue Campagne Première

© Studio TTG

Zwischen dem Boulevard Montparnasse und dem Boulevard Raspail ist die Rue Campagne-Première DIE Straße der Montparnos. Die meisten großen Künstler der weltweiten Avantgarde scheinen hier einmal eine Zeitlang gewohnt zu haben: Louis Aragon und Elsa Triolet, Yves Klein, Man Ray und Kiki de Montparnasse … aber auch Modigliani, Kandinsky, Miró oder Giacometti.

In der Nr. 3 zum Beispiel lebten der Maler Amedeo Modigliani und der Bildhauer François Pompon in Atelierwohnungen.

In der Nr. 5 lebten das Schriftstellerpärchen Louis Aragon und Elsa Triolet ebenfalls zwischen 1929 und 1935 in einem Atelier.

In der Nr. 9 beherbergte die Cité des Artistes 128 Ateliers, die aus Baumaterialien der Weltausstellung von 1889 erbaut worden waren. Hier wohnten insbesondere die Maler Léonard Foujita, Giorgio de Chirico, Amedeo Modigliani, Vassili Kandinsky, Max Ernst, Joan Miró und Alberto Giacometti.

Inzwischen wird die Cité des Artistes noch immer von zahlreichen Künstlern bewohnt, man kann sie aber nur im Rahmen einer kulturellen Veranstaltung betreten (hier finden Sie das Programm: Les ateliers du 9).

In der Nr. 14 hatte der Maler Yves Klein seine Wohnung, was praktisch war, wenn er sich in sein Atelier in der Cité des Artistes begeben wollte. Der kleine Garten Campagne-Première, der sich am Ende der Straße befindet, wurde 2011 übrigens zum Square Yves Klein umbenannt.

In der Nr. 17 ff hatte sich der Fotograf Eugène Atget in der Rue Campagne-Première niedergelassen, um seine Fotografien an die Maler der Cité des Artistes zu verkaufen, die auf der Suche nach Inspiration waren. Zu seinen Kunden zählten unter anderem Foujita, Derain und Utrillo.

In der Nr. 23 richtete der Maler Léonard Foujita ab 1917 sein Atelier ein.

In der Nr. 29, begrüßte das Hotel Istria mittellose Künstler, die sich monateweise Zimmer mieten konnten. Unter ihnen: Marcel Duchamp, Francis Picabia, Kiki de Montparnasse, Tristan Tzara, Éric Satie, Elsa Triolet, Man Ray, etc.

Hätten Sie‘s gewusst? Im Kultfilm „À bout de souffle“ (Außer Atem) von Godard bricht die Figur, die von Jean-Paul Belmondo gespielt wird, in der Rue Campagne-Première zusammen und stirbt.

Rue Campagne-Première, Paris 14. Arr.

In der Nr. 31 / Dieses Gebäude ist einer der schönsten Atelierkomplexe, die in Paris gebaut wurden. Das Stahlbeton-Gebäude ist das Werk des Architekten André Arfvidson und umfasst zwanzig Atelierwohnungen, die als Maisonettewohnung auf vier Etagen angeordnet sind: die Bildhauer im Erdgeschoss, die Maler darüber.

Bewundern Sie seine wunderschöne Fassade, die 1911 im Fassaden-Wettbewerb von Paris ausgezeichnet wurde. Die Kacheln aus geflammtem Sandstein zwischen jedem Glasfenster stammen vom Keramiker Alexandre Bigot.

Hätten Sie‘s gewusst? Man Ray und Kiki de Montparnasse, Aragon und Elsa Triolet, Chaïm Soutine mieteten einst ein Atelier in der Rue Campagne-Première Nr. 31.

4 / Le Passage d’Enfer - die Höllenpassage

Über den Boulevard Raspail 247 erreichen Sie die Passage d‘Enfer, dessen Tor Sie öffnen können, es ist nicht verschlossen. Hier finden Sie sich in einem ehemaligen Arbeiterviertel wieder. Ein kleiner Hafen des Friedens, mit Atelierwohnungen und bunten Fensterläden, die sich an dem gepflasterten Weg aneinanderreihen.

Hätten Sie‘s gewusst? Von der Passage d’Enfer aus können Sie die Rückseite der Rue Campagne-Première Nr. 31 entdecken, die von hübschen Keramikkacheln auf Zement bedeckt ist.

5 / Das Atelier von Pablo Picasso

© Studio TTG

Pablo Picasso lebte lange Zeit auf dem Boulevard Raspail. Hier bewohnte er mehrere Jahre lang ein Atelier in der Nr. 11, bevor er sich auf dem Boulevard Raspail 242 niederließ: Bewundern Sie dieses opulente Herrenhaus mit seiner großen Verglasung.

Ehemaliges Atelier von Pablo Picasso - 242 boulevard Raspail, Paris 14. Arr.

6 / Das Institut Giacometti

© Xavier Bejot

In einem stattlichen Art-Déco-Herrenhaus der Rue Victor-Schœlcher Nr. 5 hat die Fondation Giacometti beschlossen, das Atelier des berühmten Schweizer Bildhauers und Malers Alberto Giacometti nachzubauen. Hier werden auch Wechselausstellungen rund um sein Werk organisiert. Aber Achtung: Das Institut Giacometti kann nur nach vorheriger Reservierung besichtigt werden.

Hätten Sie‘s gewusst? Das richtige Atelier, in dem Alberto Giacometti während seiner ganzen Karriere lebte und arbeitete, war wesentlich bescheidener. Es befindet sich etwas weiter in der Rue Hippolyte-Maindron Nr. 46.

Institut Giacometti - 5 bis rue Victor Schoelcher,Paris 14. Arr.

7 / Der Friedhof von Montparnasse

© OTCP Daniel Thierry

Der Friedhof des Viertels steckt verständlicherweise voller Berühmtheiten! Auf dieser 19 Hektar großen letzten Ruhestatt, dem zweitgrößten Friedhof von Paris, wurden zahlreiche Künstler beerdigt: Maler, Schriftsteller, Dichter, Bildhauer oder Fotografen. Unter den berühmtesten waren Baudelaire, Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir, Soutine, Bartholdi, Beckett, César, Sainte-Beuve, Brancusi, Brassaï, Théophile Gautier, Marguerite Duras, Maupassant und viele mehr.

Spazieren Sie allein zwischen den Gräbern oder nehmen Sie an einer Führung teil, wie der Schnitzeljagd Explore Paris mit ihrer zweistündigen Erkundung, um das Geheimnis des Gespenstes des Friedhofs von Montparnasse aufzudecken.

Hätten Sie‘s gewusst? Der Friedhof von Montparnasse ist ein kleines Freiluft-Museum, denn hier können Sie zwei Skulpturen von Niki de Saint Phalle bewundern: „Die Katze von Ricardo“ auf dem Grab von Ricardo Menon und „der Vogel“, eine Hommage an einen Freund, der zu früh starb. Auch ein Werk des Bildhauers César Baldaccini steht auf dessen Grab. Und auf der Grabstätte des Bildhauers César befindet sich ein Zentaur, der vom Künstler selbst gefertigt wurde.

Cimetière du Montparnasse - 3 boulevard Edgar Quinet, Paris 14. Arr.

8 / Die rue Delambre

© Studio TTG

Eine weitere Straße, auf der viele Künstler lebten oder sich vorübergehend aufhielten. Der Maler und Zeichner Foujita wohnte in der Nr. 5. In der Nr. 9 vermietete ein Hotel mit einer noch immer sichtbaren Art-Déco-Fassade Studios an Ernest Hemingway, Francis Scott Fitzgerald oder die Tänzerin Isadora Duncan.

Rue Delambre, Paris 14. Arr.

9 / Der marché de la création

© OTCP

Jeden Sonntag von 10:00-19:00 Uhr erwacht der Geist der Montparnos entlang des Boulevards Edgar Quinet zum Leben. Ein großer Kreativ-Markt vereint Maler, Bildhauer, Fotografen, Druckgrafiker und Keramiker, die hier heute ihre Werke zeigen und verkaufen, sich aber auch rund um die Kreation austauschen.

Marché de la Création - 56 boulevard Edgar Quinet, Paris 14. Arr.

10 / Die historischen Brasseries von Montparnasse

© Groupe Bertrand

Coupole, Select, Dôme und Rotonde. Diese vier großen legendären Brasseries, die alle um die Kreuzung Vavin angeordnet sind, stehen für den Mittelpunkt vom Montparnasse der Montparnos. Sie waren das Hauptquartier der Maler Kandinsky, Picasso, Gauguin oder Modigliani, der Fotografen Robert Capa, Henri Cartier-Bresson und Brassaï und von noch vielen anderen!

Hier befanden sich auch die ersten Cafés von Paris, die die ganze Nacht geöffnet blieben. Noch heute sind die Brasseries von Montparnasse berühmt für ihren Service rund um die Uhr und dafür, dass sie auch in den Morgenstunden ein bunt gemischtes Völkchen von Nachtschwärmern und Frühaufstehern begrüßen.

Studio TTG

Hätten Sie‘s gewusst? Im Coupole zeichnete Giacometti die ganze Nacht auf Papierservietten, die er dann im Morgengrauen mitnahm. Im Rotonde feierte François Hollande 2011 seinen Sieg bei der Vorwahl der sozialistischen Partei und Emmanuel Macron seine Teilnahme an der zweiten Runde der Präsidentschaft 2017. Währen des Zweiten Weltkriegs und der Besetzung durch die Nazis diente das Select als Unterschlupf für homosexuelle Künstler wie den Schauspieler Jean Marais. Das Dôme war der Treffpunkt für anglo-amerikanische Autoren zu Beginn des 20. Jahrhunderts (Ernest Hemingway, Henry Miller, Francis Scott Fitzgerald uva.), es wurde daher sogar das „anglo-amerikanische Café“ genannt.

11 / Die Villa Vassilieff

© Studio TTG

Am Fuße des Montparnasse-Turms, versteckt in einer kleinen gepflasterten und begrünten Gasse, beherbergte diese ehemalige Künstlersiedlung alle großen Namen der Avantgarde (Picasso, Modigliani, Soutine, Léger, Chagall).

In den 1910er Jahren hatte die russische Malerin und Bildhauerin Marie Vassilieff hier ihr Atelier und eine Akademie eingerichtet, die auch Verpflegung für Künstler bot, die knapp bei Kasse waren.

Inzwischen ist die Villa Vassilieff vom Kultusministerium zu einem Zentrum für zeitgenössische Kunst von nationalem Interesse ernannt worden und beinhaltet eine Künstlerresidenz, einen Ausstellungsbereich für zeitgenössische Kunst und ein Café.

Villa Vassilieff - 21 avenue du Maine, Paris 15. Arr.

12 / Das Musée Bourdelle

© Benoit Fougeirol

Schließen Sie diesen Ausflug, der im Atelier von Zadkine begann, mit der Entdeckung des Ateliers von Bildhauer Antoine Bourdelle ab. Ein Holzatelier aus dem 19. Jahrhundert und seine hohe Glasfront, der Garten und das Peristyl aus Backstein, in dem die berühmtesten Bronzefiguren des Künstlers stehen - dieser Ort ist der Zeit treu geblieben, in der der Bildhauer hier lebte und arbeitete, wenn man von den zwei Erweiterungen absieht, die hinzugefügt wurden, um die Ausstellungsfläche zu vergrößern.

Hätten Sie‘s gewusst? Die zeitgenössische Erweiterung im Musée Bourdelle, die 1992 erfolgte, stammt vom berühmten Architekten Christian de Portzampac, dem man auch die Cité de la Musique und den Saal U Arena de Paris verdankt.

Musée Bourdelle - 18 rue Antoine Bourdelle, Paris 15. Arr.

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