Um 1925 wich die explosive Üppigkeit des Jugendstils (Art Nouveau) mit ihren Kurven, Verzierungen und Blumenmotiven dem schlichteren Art-Déco-Stil. Mit ihm erlebten einfachere Linien und geometrische Motive eine Renaissance! In Paris fand der Art-Déco-Stil in vielen Stadtteilen ganz verschiedene Ausprägungen und wurde zur Gestaltung sehr unterschiedlicher Räume verwendet.
© Fotolia Steeve ROCHE
Ganz in der Nähe des Eiffelturms entstanden anlässlich der Weltausstellungen das Palais de Chaillot und das Palais de Tokyo, zwei majestätische Beispiele dieser Stilrichtung, ebenso wie ihr unmittelbarer Nachbar, das Théâtre des Champs-Élysées. Auch einige Veranstaltungshallen wurden in der typischen Architektur der 30er-Jahre errichtet, etwa das Folies Bergère oder Kinos wie Le Louxor oder das Grand Rex, das übrigens als historisches Denkmal eingestuft ist.
Auch die großen Kaufhäuser zogen bald nach, wie das Printemps Haussmann und die Galeries Lafayette mit ihren herrlichen Glaskuppeln bezeugen. Einige Pariser Sportanlagen profitierten ebenfalls von den wundervollen gestalterischen Möglichkeiten der Art-Déco-Architektur, beispielsweise die Schwimmbäder Piscine de la Butte-aux-Cailles, Piscine Georges-Vallerey und Piscine Molitor.
Unbedingt erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang auch das Palais de la Porte Dorée oder bestimmte Metro-Stationen, wie die Station Vaneau. Neben den Gebäuden von öffentlichem Interesse fand der Art-Déco-Stil auch in Privathäusern Niederschlag. Im 16. Arrondissement kann man die Meisterwerke dieser Epoche bewundern, zum Beispiel das Maison La Roche, das auch unter dem Namen Fondation Le Corbusier bekannt ist, oder die zahlreichen Häuser des Architekten Mallet-Stevens in der nach ihm benannten Straße.
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Weiter westlich liegt der Stadtteil Boulogne-Billancourt. Auch in diesem Viertel existiert eine beeindruckende Ansammlung von Gebäuden aus den 1930er-Jahren, die einen guten Überblick über alle stilistischen Varianten dieser Zeit geben. Um diese architektonischen Kleinode den Besuchern besser zugänglich zu machen, hat die Stadt mehrere ausgeschilderte Rundwege eingerichtet. Wer sich noch eingehender informieren möchte, für den lohnt sich ein Besuch des Musée des Années 30. Dank der drei kostenlos begehbaren städtischen Rundwege können Sie in den Straßen von Boulogne-Billancourt zahlreiche typische Gebäude dieser Zeit kennenlernen. Kleiner Tipp: Für diese Rundgänge stehen auch Audioguides zur Verfügung.
Im Norden des Großraums Paris kann man weitere beeindruckende Bauwerke bewundern, etwa das sehr moderne Hôtel de Ville du Blanc Mesnil, das wie ein Ozeandampfer aussieht, oder die Cité 212 von Germain Dorel (ebenfalls in Blanc-Mesnil), und nicht zu vergessen der Flughafenterminal von Le Bourget), ein kleines Art-Déco-Schmuckstück aus der Feder des Architekten Georges Labro.
Im Süden von Paris liegt der 1933 von Louis Brachet, dem sog. „Eisenbahn-Architekten“, erbaute Bahnhof von Gentilly. Auch er ist ein Gebäude in reinster Art-Déco-Tradition.
In Nogent-sur-Marne und Le Perreux-sur-Marne entstanden in der Mitte des 19. Jahrhunderts Freizeit- und Erholungsgebiete für die Arbeiterklasse, aber auch für Künstler und Schriftsteller aus Paris, die hier allesamt Ausflugslokale und Wasserfeste besuchten. Die Bürgerhäuser und Sommervillen im Art-Déco-Stil der Architekten Gérard Tissoire und Georges Nachbaur sind Zeugen dieser Zeit. Ihre eleganten Fassaden zieren noch heute die Ufer der Marne.
Die Stadt Vincennes ist für ihre Festung und den mittelalterlichen Turm bekannt, birgt jedoch auch viele Schätze aus der Art-Déco-Epoche. Sehenswert sind die vornehmen Gebäude, Wohnhäuser und Villen an der Rue du Maréchal Maunoury, der Rue Louis Besquel oder der Rue Emilie Gérard. Das Rathaus im Neorenaissance-Stil ist innen mit einer bemerkenswerten Art-Déco-Ausstattung versehen.
Im 20. Jahrhundert veränderte sich Frankreich tiefgreifend. Der soziale Wohnungsbau wurde eingeführt, und überall in Paris und Umgebung entstanden große Gebäudekomplexe. Auch wenn viele dieser Gebäude vor allem funktional gestaltet wurden, sind einige architektonische Kreationen doch für so manche Überraschung gut und wirken fast wie eine Theaterkulisse: Im Folgenden möchten wir Ihnen einige Aushängeschilder dieser Architektur vorstellen, die Sie sich nicht entgehen lassen sollten.
© Agence RBTA Architecte Ricardo Bofill
In der Nähe von Noisy-le-Grand entlocken vor allem zwei Gebäude den Besuchern Ausrufe der Bewunderung: die Espaces d’Abraxas von Ricardo Bofill und die Arènes de Picasso von Manuel Núñez Yanowsky. Diese spektakulären Konstruktionen haben die urbane Landschaft revolutioniert und faszinieren Liebhaber zeitgenössischer Architektur auch heute noch.
Ebenfalls bemerkenswert sind Les Coutillières (in Pantin), die man sofort an ihrem 1,5 km langen, schlangenförmig gewellten Gebäude in Blau und Rosa erkennt, sowie die Cité de l’Abreuvoir (in Bobigny) mit ihren runden oder dreibeinigen Türmen, die sich der Architekt Emile Aillaud in den 1950er bis 1960er-Jahren ausgedacht hat. Diese erstaunlichen Bauwerke überraschen durch ihre Form und ihre explosiven Farben.
Bei Créteil ziehen runde, mit blütenförmigen Balkonen geschmückte Hochhaustürme sofort alle Blicke auf sich. Diese unter dem Namen Choux de Créteil bekannten Gebäude in Kohlkopfform sind der Fantasie von Gérard Grandval entsprungen. Sie wuchsen in den 1970er-Jahren gen Himmel und verleihen diesem Teil der Stadt ein wirklich ungewöhnliches Aussehen.
Zur gleichen Zeit machten sich Jean Renaudie und Renée Gailhoustet mit Les Étoiles an die Umgestaltung des Stadtzentrums von Ivry-sur-Seine. Dieses Gebäude-Ensemble ist mit Spitzen und Ecken nur so gespickt. Mit Les Étoiles wurde der soziale Wohnungsbau neu erfunden. In den „Sternen“ gibt es keinen einzigen rechten Winkel! Das innovative Betonbauprojekt gilt als Vorreiter einer ökologischen, volksnahen Architektur. Es ist von vielen Seiten begrünt und verwandelt das Aussehen der Stadt grundlegend.
In Nanterre sorgen die Tours Nuages (die Wolkentürme) für Erstaunen. Sie stammen von Emile Aillaud und ragen seit den 1970er bis 1980er-Jahren hoch in den Himmel auf. Sie sind mit pastellfarbenen Mosaiken überzogen, ein typisches Beispiel für den sozialen Wohnungsbau des 20. Jahrhunderts und eindeutig einen Umweg wert!
Das Gartenstadt-Konzept wurde aus England importiert und erfreute sich seit den 1920er-Jahren zunehmender Beliebtheit. Das Prinzip ist einfach: Man errichtet eine grüne Stadt in der Stadt und schafft damit Wohnraum in einer von der Natur geprägten Umgebung.
© Laurence Masson
1921 entstand die erste Gartenstadt Made in France in Suresnes. Die Cité-jardin de Suresnes wurde von dem Architekten Félix Dumail entworfen und ist die größte Gartenstadt Europas. Sie diente den etwa 15 übrigen, später erbauten Gartenstädten im Großraum Paris als Vorbild.
Darunter sind folgende besonders sehenswert: die Cité-jardin de la Butte-Rouge in Châtenay-Malabry mit ihrer Mischung aus Ziegel- und Beton-Gebäuden, die sehr British anmutende Cité-jardin Paul-Bert in Drancy, die pittoreske Cité-jardin de Stains oder die Cité-jardin du Moulin vert auf den Hügeln über Vitry-sur-Seine … interessant sind auch die Cité-jardin des Pré-Saint-Gervais von Félix Dumail und die Cité-jardin de Champigny-sur-Marne mit ihrer wirklich bemerkenswerten Architektur.
Entdecken Sie neue Stadtviertel im Großraum Paris, in denen immer etwas los ist.
© OTCP Jacques Lebar
La Défense ist das größte Geschäftsviertel Europas und kann mit einer attraktiven Palette moderner Architektur aus den letzten Jahrzehnten aufwarten. Das CNIT aus dem Jahr 1958 war das erste innovative Gebäude in diesem Quartier. Es folgten die Grande Arche aus dem Jahr 1989 (entworfen von dem dänischen Architekten Johann Otto von Spreckelsen), der First-Tower, der höchste Wolkenkratzer Frankreichs, das Carpe-Diem-Hochhaus und der Wolkenkratzer Cœur Défense…
Erst kürzlich kam die Paris La Défense Arena hinzu, ein Architekturprojekt von Christian de Portzamparc, die bis zu 40.000 Personen aufnehmen kann! Sie ist zugleich eine avantgardistische Veranstaltungshalle und ein ultramodernes Sportstadion. Als größte modulare Sportanlage Europas hat die Paris La Défense Arena jetzt schon alle Rekorde gebrochen.
© Laurent Blossier
Nach der Schließung der Renaultwerke vor 25 Jahren verwandelt sich diese alte Hochburg der Automobilindustrie in eine neue Öko-City für kulturelle Zwecke im Großraum Paris. Die Île Seguin – Rives de Seine beherbergt auf 11 Hektar kulturelle Einrichtungen, Unterkünfte, Büros, Grünflächen und Sportanlagen.
Die Seine Musicale war das erste Gebäude, das 2017 eröffnet wurde. Dieses architektonisch eindrucksvolle Bauwerk in Form eines Schiffes von Shigeru Ban und Jean de Gastines mit einer Art Glasei auf dem Dach verfügt über einen hängenden Garten und ein rotierendes Fotovoltaik-Segel, das sich mit der Sonne dreht. Gleich gegenüber der Île Seguin liegt das neue, ökologisch erbaute Viertel von Le Trapèze mit dem Hochhaus Tour Horizons von Jean Nouvel, der 88 Meter hoch in den Himmel ragt. Mit diesem Gebäude, das wie eine dreistöckige Rakete konzipiert wurde, hat der französische Architekt Jean Nouvel das Konzept des Wolkenkratzers neu definiert.
Im Norden von Paris wurde Ende 2015 zwischen den Kanal Saint-Denis und der Porte d’Aubervilliers ein neues Viertel fertiggestellt. Sein Name: Rosa Parks. Zentrum dieses Ökoviertels ist das alte Macdonald-Lager, das Ende der 1960er-Jahre erbaut wurde. In diesem riesigen Gebäude sind nun Wohnungen, Büros sowie diverse Einrichtungen und Geschäfte untergebracht. Mit seiner 617 Meter langen Fassade ist es eines der größten Gebäude der Hauptstadt!
Das Viertel Rosa Parks zeichnet sich durch die hohe Qualität seiner zeitgenössischen Architektur aus, die Stilrichtungen von ganz unterschiedlicher Ästhetik unter einem Dach vereint. Zu den etwa 15 Architekten, die für diesen neuen Stadtteil verantwortlich zeichnen, gehören auch sehr bekannte Namen wie Christian von Portzamparc, Kengo Kum oder Dietmar Feichtinger, der durch seine Arbeit an der Fußgängerbrücke Simone-de-Beauvoir bekannt wurde.
© OTCP David Lefranc
Vom Bahnhof Gare d'Austerlitz bis zur Stadtautobahn („Boulevard Périphérique”) erstreckt sich eine ZAC (Zone für konzertierten Stadtumbau) namens Paris Rive Gauche, in die mehrere historische Hotspots des Pariser Südens fallen. Diese vor fast drei Jahrzehnten begonnene, riesige Baustelle ist fortlaufend in Bewegung und bringt immer wieder neue architektonische Kreationen hervor. Erstes Resultat dieses ehrgeizigen städtebaulichen Projekts ist die majestätische Nationalbibliothek, die Bibliothèque nationale de France, die von Dominique Perrault entworfen wurde.
Rund um dieses großartige Gebäude in der Form offener Bücher hat sich ein Viertel voller beeindruckender architektonischer Neuschöpfungen entwickelt. Hier begegnet man den größten Namen der internationalen Architekturszene: Norman Foster, Paul Chemetov, Wilmotte & Associés, Christian de Portzamparc, Ricardo Bofill usw. Neben Neubauten und instandgesetzten Fabriken findet man hier Gebäude ganz unterschiedlicher architektonischer Prägung.
Hinter einer Straßenbiegung trifft man plötzlich auf die 1928 von Le Corbusier und Pierre Jeanneret erbaute Maison Planeix. Lassen Sie sich von der kuriosen Silhouette der beiden Les Frigos-Gebäude überraschen, in denen kreative Werkstätten untergebracht sind oder sich die ungewöhnliche Feuerwehrkaserne Caserne des pompiers Masséna ansehen, ein Bauwerk im brutalistischen Stil der 1970er-Jahre.
© Ralf Treinen
Folgen Sie den Spuren des berühmten brasilianischen Architekten, der auch dem Großraum Paris einige Bauwerke hinterlassen hat. Zunächst sollten Sie sich zur Place du Colonel-Fabien begeben, wo ein wunderschön geschwungenes Gebäude sofort alle Blicke auf sich zieht. Das ist der Sitz der französischen kommunistischen Partei (1980).
Weiter nördlich, ganz in der Nähe der berühmten Basilika von Saint-Denis, dürfen Sie sich den ehemaligen Geschäftssitz der Zeitung L’Humanité aus dem Jahr 1987 nicht entgehen lassen. In Bobigny können Sie die Bourse Départementale du Travail (1978) bewundern, und im Osten, in Fontenay-sous-Bois, befinden sich ebenfalls mehrere Bürogebäude von Oscar Niemeyer.