Das Industriezeitalter hat im Großraum Paris zahlreiche Spuren hinterlassen. Manchmal fügen sich diese Gebäude so nahtlos in die Landschaft ein, dass man ihre ursprüngliche Funktion fast vergisst. Bevor sich etwa La Villette zur Kulturhochburg mauserte, waren hier die Schlachthöfe der Stadt untergebracht. Aus dieser Zeit stammt noch die Grand Halle de la Villette: Heute finden hier einige der größten Events von Paris statt. Früher war sie der große Stall für das Schlachtvieh.
Doch inzwischen wurden von Nanterre über Montreuil oder Ivry-sur-Seine bis Pantin zahlreiche Fabriken, Werkstätten oder sonstige Manufakturen einer neuen Bestimmung zugeführt.
Einige dieser Orte wurden von bestimmten Unternehmen unter Beibehaltung ihrer ungewöhnlichen architektonischen Merkmale saniert, so auch die Moulins de Pantin. In diesen ehemaligen Mühlen ist heute eine Bank untergebracht. Die alten Lagerhallen der Magasins généraux von Pantin beherbergen inzwischen eine Werbeagentur. In Aubervilliers und Saint-Denis bilden die früheren Lagerhäuser, die Entrepôts et Magasins Généraux de Paris, ein gigantisches architektonisches Ensemble.
Einst lagerte man auf diesem 70 Hektar großen Gelände nicht-verderbliche Lebensmittel. Heute sind hier Fernsehstudios und Textilunternehmen eingezogen. Nicht minder bemerkenswert ist die Cité du Cinema in Saint-Denis von Luc Besson, die in einem alten Kraftwerk untergebracht ist.
Und im Süden hat die von Xavier Niel gegründete Station F, das „größte Gründerzentrum der Welt für Start-ups“, in der Halle Freyssinet Quartier bezogen, einem Eisenbahn-Gebäude aus den 1920er-Jahren.
Auch bei den großen internationalen Kunstgalerien sind die alten Industriestandorte außerhalb des Pariser Zentrums sehr beliebt, weil sie viel Platz bieten. So hat sich beispielsiweise die Galerie Thaddaeus Ropac, die gern Großformatiges ausstellt, in Pantin in einer Kesselschmiede aus dem 19. Jahrhundert niedergelassen. Die Galerie Larry Gagosian, hat sich für ein von Jean Nouvel renoviertes Lager des Flughafengeländes Le Bourget entschieden.
Aus der Bewegung zur Umwidmung von Gebäuden sind auch alternative Projekte hervorgegangen, etwa Künstlerkolonien in alten Bahnhöfen oder verlassenen Fabriken, die heute von Kollektiven verwaltet werden. Im Val-de-Marne gibt es gleich mehrere davon: Anis Gras, Le lieu de l'autre hat sich in einer alten Schnapsbrennerei aus dem 19. Jahrhundert in Arcueil niedergelassen. Die Gare au Théâtre bezog in einer SNCF-Halle Quartier. Außerdem zu erwähnen sind noch die ehemalige Ziegelbrennerei, die sog. Briqueterie in Vitry-sur-Seine, die Usine Hollander in einer alten Gerberei aus dem 18. Jahrhundert in Choisy-le-Roi oder das Théâtre des quartiers d’Ivry in einer alten Ösenmanufaktur und nicht zu vergessen, Le Nucleus, ebenfalls in Ivry-sur-Seine, La Fonderie oder die Halle Roublot in Fontenay-sous-Bois, das ehemalige Kino Le Générateur in Gentilly und der Pavillon Baltard in Nogent-sur-Marne.
Auch im Norden hat dieses Phänomen zu interessanten Resultaten geführt: Unbedingt sehenswerte Hotspots sind ganz sicher das Kollektiv 6B, das zahlreiche Events in einem Bürogebäude in Saint-Denis organisiert, oder Mains d'Œuvres, das seit 2001 das alte Gesellschafts- und Sportzentrum der Valeo-Werke besetzt hält.